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Vorwort

Die Forschungsziele des Bayerischen Geoinstituts sind in erster Linie dem Verständnis der Struktur, der Zusammensetzung und der Dynamik des Erdinneren mit Hilfe von experimentellen Hochdruck-/Hochtemperatur-Untersuchungen gewidmet. Im Jahresbericht für das Jahr 1999 fassen wir unsere wesentlichen Ergebnisse zusammen, und wir sind überzeugt, dass sie einen beachtlichen Fortschritt auch für einen großen Bereich benachbarter Forschungsgebiete darstellen. Neben der Erforschung der makroskopischen Eigenschaften der Erdmaterie unter extremen Bedingungen erweitern wir unser Grundwissen über das Verhalten dieser Materie im atomistischen Maßstab, sowohl generell als auch im Verlauf geologischer Prozesse. Studien an Perowskit, dem häufigsten Mineral des Erdinneren, sowie an seinen Analoga stellen ein exzellentes Beispiel für diesen Ansatz dar. Auch darüber wird hier berichtet. Da die am Bayerischen Geoinstitut angewandten Arbeitsmethoden und Konzepte grundsätzlich denen der Materialwissenschaften ähneln und andererseits auch mit einigen Gebieten der Physik und Chemie überlappen, hat sich die interdisziplinäre Zusammenarbeit als sehr fruchtbar erwiesen. Beispielhaft ist die Kollaboration auf dem Gebiet der Synthese ultra-harter Materialien bei hohen Drücken sowie in der Erforschung der Eigenschaften ultra-feinkörniger Materie im Nano-Bereich.

Das Jahr 1999 wurde von zwei bemerkenswerten Entwicklungen geprägt. Zum Einen wurde eine nach neuestem Stand der Technik konstruierte Verformungsapparatur in Betrieb genommen. Sie ermöglicht äußerst präzise Messungen der mechanischen Eigenschaften von Gesteinen und Mineralen des Erdinneren bei starker Verformung. Die laufenden Experimente liefern bereits jetzt neue Daten über die Festigkeit und das mechanische Verhalten der Erdkruste und des oberen Mantels. Zum Zweiten wird die weltweit einmalige 5000 t-Presse (50 MN) jetzt routinemäßig betrieben. Der Zweck dieser Apparatur ist eine deutliche Vergrößerung des Probenvolumens bei Experimenten unter Drücken bis 25 GPa (250 kb) und Temperaturen bis 3000 K; dieses Ziel wird nunmehr vollkommen erreicht. Die großen Probenvolumina bei Experimenten in Druckbereichen von 15–25 GPa ermöglichen eine Reihe von Untersuchungen, die bisher nur unter sehr schwierigen Bedingungen bzw. gar nicht durchführbar waren. Zum Beispiel ist nun die thermische Diffusivität von Materie bis zu Drücken von mindestens 20 GPa und bis zu Temperaturen von 1200°C bestimmbar. Für das Verständnis der thermischen Struktur des Erdinneren und seine Entwicklung muß der Wert dieses Parameters unbedingt bekannt sein.

Ein Teil des Erfolgs bei der Realisierung der Forschungsziele des Bayerischen Geoinstituts entspringt der Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern u.a. in Europa, Nordamerika, Japan und Australien. In Verbindung mit seiner reichhaltigen experimentellen Ausstattung hat diese weltweite Kollaboration das Institut als ein internationales Zentrum der Hochdruckforschung etabliert. Die Internationalität der gemeinsamen Projekte wird durch die Tatsache belegt, dass ständig Wissenschaftler aus rund 10 verschiedenen Nationen im Institut zusammenarbeiten. Das "Gästeprogramm" des Geoinstituts ermöglicht insbesondere die Aufnahme junger Wissenschaftler (d.h. im Postdoktoranden-Grad) für Zeiträume zwischen 1 Woche und mehreren Jahren. Eine beachtliche Zahl von erfahrenen Wissenschaftlern ("Senior Scientists") aus Ländern wie den USA, Japan, UK, Frankreich, New Zealand haben 6 bis 12 Monate lang am Geoinstitut geforscht. Derartige Aufenthalte sind unter dem Gesichtspunkt der geleisteten Forschungsarbeit und ihrer Ergebnisse stets außergewöhnlich produktiv; sie wurden mit großzügiger Förderung durch die Alexander von Humboldt-Stiftung und die Deutsche Forschungsgemeinschaft ermöglicht. Die intensive europäische Kollaboration beruht auch weiterhin auf der umfangreichen Förderung durch die EU. So wurde z.B. seit 1994 75 Wissenschaftlern aus Institutionen in 9 verschiedenen europäischen Ländern der Besuch des Geoinstituts für Zeiträume zwischen 1 Woche und 3 Monaten im Rahmen des "Large Scale Facility"-Programms der Europäischen Union ermöglicht. Neben der großen Zahl hochwertiger Publikationen, die aus diesen Forschungsaufenthalten resultieren, wird die Bedeutung dieses Projektes für die europäische Wissenschaft dadurch gewürdigt, dass die EU ihre Förderung für weitere 3 Jahre in dem neuen Programm "Access to Research Infrastructures" fortsetzt. Des Weiteren entwickeln sich die gemeinsamen europäischen Projekte im Bayerischen Geoinstitut im Rahmen verschiedener EU-geförderten Netzwerke ("Networks") sehr effektiv. Die Ziele derartiger Netzwerke liegen einerseits in der Förderung der interdisziplinären Kollaboration zwischen Erdwissenschaftlern, Physikern, Chemikern und Materialkundlern, aber auch in der Schaffung hochwertiger Ausbildungsplätze für Nachwuchswissenschaftler, da diese in bestehende, aktive und qualifizierte Forschungsgruppen außerhalb ihres Heimatlandes integriert werden.

Nach 5 Jahren gebe ich nun zum Ende des Jahres 1999 turnusgemäß mein Amt als Direktor des Bayerischen Geoinstituts ab. Ich danke meinen Kollegen sowie den wissenschaftlichen und nicht-wissenschaftlichen Mitarbeitern des Instituts für ihre starke Unterstützung in der Zeit meines Direktorats. In die Zukunft blickend wünsche ich meinem Nachfolger, Professor Stephen Mackwell, viel Erfolg für die kommenden Jahre.

Wie bereits in den vergangenen Jahren möchte ich auch im Namen meiner Kollegen dem Freistaat Bayern, vertreten durch das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, und der Kommission für Geowissenschaftliche Hochdruckforschung meinen Dank für ihre fortwährende Unterstützung und die enge Verbundenheit mit dem Bayerischen Geoinstitut aussprechen. Wir sind auch für die großzügige Förderung durch externe Geldgeber, insbesondere durch die Alexander von Humboldt-Stiftung, die Europäische Union und die Deutsche Forschungsgemeinschaft, die ebenfalls wesentlich zur Entwicklung und zum Erfolg des Bayerischen Geoinstituts beigetragen hat, sehr dankbar.

Bayreuth, January 2000 David C. Rubie

Bayerisches Geoinstitut, University of Bayreuth, 95440 Bayreuth, Germany
Tel: +49-(0) 921 55 3700 / 3766, Fax: +49-(0) 921 55 3769, E-mail: bayerisches.geoinstitut(at)uni-bayreuth.de